Sprachstörungen
Sprachentwicklungsverzögerung
Als Sprachentwicklungsverzögerung
werden Schwierigkeiten in der kindlichen Sprachentwicklung
mit Defiziten in folgenden Bereichen bezeichnet:
Aussprache:
Schwierigkeiten in der Aussprache werden auch
Dyslalie genannt. Sie sind gekennzeichnet durch
Probleme beim Aneignen und beim Gebrauch der
Sprachlaute. Beispiel:
"Tinder" statt "Kinder"
"Sule" statt "Schule"
"Hadio" statt "Radio" usw.
Grammatik
(= Dysgrammatismus): Das Kind hat Schwierigkeiten,
die Sprache nach den Regeln der Wort- und Satzbildung
richtig zu gebrauchen. Der Dysgrammatismus zeigt
sich durch
-das Auslassen von Wörtern oder Satzteilen
(z.B. "Ich geh Oma")
-durch falsche Stellung der Wörter im Satz
(z.B. "Die Mama bald nach Hause kommt")
-und / oder durch Fehler bei der Konjugation
(also der Flexion von Verben; z.B. "Ich
sagen", "Du fährt") oder
der Deklination (also der Flexion von Substantiven
gemäß ihres Kasus = Fall, Numerus
= Zahl und Genus = Geschlecht; z.B. "Ich
sitze auf die Stuhl", "Ich esse ein
Banane")
Wortschatz:
Das Kind entwickelt nur einen deutlich eingeschränkten
Wortschatz und fällt beispielsweise durch
Probleme bei der Bildung von Oberbegriffen,
Synonymen und Oppositionen auf.
Sprachverständnis:
Das Kind hat Schwierigkeiten, die Bedeutung
von Wörtern und Sätzen zu verstehen
(wobei das Gehör intakt ist)
Aphasie
Aphasie
heisst wörtlich übersetzt "ohne
Sprache" und ist eine Sprachstörung
nach neurologischen Erkrankungen. Sie kann z.B.
nach einem Schlaganfall, einem Schädel-Hirn-Trauma,
einer Hirnblutung oder einem Hirntumor auftreten.
Aphasie bedeutet nicht unbedingt totalen Sprachverlust.
Je nach Ausmaß und Lokalisation der Schädigung
tritt diese Sprachstörung in unterschiedlichen
Schweregraden auf. Es können alle sprachlichen
Ebenen betroffen sein: Sprechen, Verstehen,
Lesen und Schreiben. Man unterscheidet neben
einigen Sonderformen folgende Hauptarten der
Aphasie:
Amnestische
Aphasie
Leitsymptom der amnestischen Aphasie
sind Wortfindungsstörungen, also Schwierigkeiten
beim Benennen von Gegenständen oder anderem.
Häufig greifen betroffene Menschen zurück
auf Umschreibungen (z.B. "zum Hose hoch
halten" für "Gürtel"),
Füllwörter (z.B. "das Ding",
"das da"), Oberbegriffe (z.B. "Buch"
für "Telefonbuch") oder Pantomime.
Auch beim Schreiben sind diese Wortfindungsschwierigkeiten
zu beobachten. Ansonsten sind Lesen und Schreiben
in der Regel problemlos möglich. Das Sprachverständnis
ist meist kaum gestört.
Broca-Aphasie
(auch "motorische Aphasie")
Bei Menschen mit einer Broca-Aphasie ist das
Sprachverständnis meist gut erhalten. Ein
Bewußtsein für die eigene Störung
ist vorhanden. Leitsymptome dieser Form der
Aphasie sind eine deutlich verlangsamte Sprechweise,
erhebliche Sprechanstrengung, undeutliche Artikulation
sowie der Telegrammstil. Dies bedeutet, dass
die grammatische Struktur der Sätze auf
einzelne kommunikativ wichtige Wörter (meist
Substantive und Verben) reduziert ist. Zusätzlich
kommt es häufig zu phonematischen Paraphasien,
d.h. zu Veränderungen der Lautstruktur
der Wörter (z.B. "Kosser" statt
"Koffer", "Feleton" statt
"Telefon"). Auch Schreiben und Lesen
sind deutlich beeinträchtigt, wobei der
Inhalt eines gelesenen Textes zum Teil durch
sinntragende Wörter erraten werden kann.
Wernicke-Aphasie
(auch "sensorische Aphasie")
Bei Menschen mit einer Wernicke-Aphasie sind
das Sprachverständnis und das Störungsbewußtsein
(im Gegensatz zur Broca-Aphasie) erheblich beeinträchtigt.
Die Sprache ist flüssig und Betroffene
sprechen ohne große Mühe und mit
ungehemmtem Rededrang (Logorrhoe). Ihre Äußerungen
sind jedoch gekennzeichnet durch phonematische
Paraphasien, also Veränderungen in der
Lautstruktur der Wörter ("Kosser"
statt "Koffer", "Feleton"
statt "Telefon") und semantische Paraphasien,
also das fehlerhafte Auftreten eines Wortes,
das zum Zielwort eine Bedeutungsähnlichkeit
aufweist oder auch manchmal grob davon abweicht
(z.B. "Tisch" statt "Stuhl",
"Banane" statt "Würstchen").
Häufig kommt es auch zu Neologismen, d.h.
zu Wortneuschöpfungen. So kann die Sprache
bis hin zur Sinnlosigkeit entstellt werden.
Auch der Satzbau ist bei einer Wernicke-Aphasie
stark beeinträchtigt. Es kommt zu Satzabbrüchen,
zu Verschränkungen von Sätzen, zu
fehlerhaften Stellungen von Wörtern usw.
Eine Verständigung ist mit Betroffenen
deutlich erschwert, zum Teil auch fast nicht
möglich. Aufgrund des fehlenden Störungsbewußtseins
können die Menschen häufig nicht begreifen,
warum ihr Gesprächspartner sie nicht versteht.
Die "Schuld" daran suchen sie oft
bei ihrem Gegenüber.
Globale
Aphasie
Bei der globalen Aphasie handelt es
sich um die schwerste Form der Aphasien. Es
liegt eine Beeinträchtigung aller sprachlichen
Ebenen vor. Im akuten Stadium versuchen Betroffene
kaum spontan, kommunikativen Kontakt zur Umwelt
aufzubauen. Sowohl das Sprachverständnis
als auch die Sprachproduktion sind stark eingeschränkt.
Wenn es zu sprachlichen Reaktionen kommt, sind
diese durch eine erhebliche Sprechanstrengung
und undeutliche Artikulation kaum verständlich.
Oft kommt es zu Sprachautomatismen, d.h. zu
bestimmten Floskeln, die situatonsunabhängig
immer wieder gebraucht werden (z.B. "so,
so, so", "ja, ja, ja") oder zu
den sog. recurring utterances, also zu sinnlosen
Wort- oder Silbenreihen (z.B. "dododo",
"tata"). Bei vielen Menschen mit globaler
Aphasie ist die Intonation (die Sprachmelodie)
gut erhalten. Sie ermöglicht es dem Betroffenen,
trotz erheblicher sprachlicher Einschränkungen
Zustimmung, Ablehnung oder Gefühle wie
Wut oder Freude allein durch die Intonation
z.B. der Floskeln auszudrücken.
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